Strahlenschildkröten sind stark von der Ausrottung bedroht und werden im WA (Washingtoner Artenschutzabkommen) Anhang I als bedrohte Art geführt. In der Roten Liste der IUCN wird die Art als kritisch gefährdet (CR, Critically Endangered) eingestuft. Die IUCN geht bei ihrer Einschätzung von einer Generationendauer von 42 Jahren aus. Über einen Zeitraum von 67 Jahren, der weniger als zwei Generationen umfasst, ist diese Art in 40 Prozent ihres Lebensraumes verschwunden. Bei gleichbleibend hoher Ausbeutung der wilden Populationen wird Astrochelys radiata in freier Wildbahn in naher Zukunft unweigerlich aussterben.
Gefährdung durch den Menschen
Adulte Strahlenschildkröten haben in freier Wildbahn, ausser dem Menschen, keine natürlichen Feinde. Schlüpflinge von Astrochelys radiata werden gelegentlich von Raubvögeln, Schlangen, Echsen, Krabben und kleinen Säugetieren aus der Familie der Eupleridae und Langusten gefressen. Dennoch ist die Art stark in ihrer Existenz bedroht. Die folgenden vom Menschen verursachten Faktoren tragen massgeblich zur Dezimierung und zum Aussterben der Art bei:
Schutz- und Nachzuchtprogramme
Obwohl der Raubbau von endemischen Tieren und Pflanzen sowie die Zerstörung der Habitate auf Madagaskar in beunruhigendem Ausmass anhält, scheint die Arterhaltung von Astrochelys radiata durch gezielte Nachzuchtprogramme in Reservaten und Nationalparks sowie Zoos und mittlerweile auch auf privater Ebene gesichert zu sein. Von grosser Bedeutung und Nachhaltigkeit sind vor allem Naturschutzprojekte vor Ort, die mit Hilfe und Sensibilisierung der lokalen Bevölkerung auch den Schutz und die Erhaltung des natürlichen Lebensraum miteinbeziehen. Dank Aussetzungen durch lokale Zuchtfarmen nimmt der natürliche Bestand seit den achtziger Jahren wieder zu. Ausserdem wird der Erhalt der Strahlenschildkröte seit 1985 mit einem Zuchtprogramm von internationaler Bedeutung, dem «Species Survival Plan SSP», gefördert. Es gibt auch diverse Auffangstationen für die Wiedereinführung von beschlagnahmten Tieren in Ifaty, die auch von Touristen besucht werden können. Die Turtle Survival Alliance (TSA) ist ebenfalls eine vor Ort tätigen Artenschutzorganisation, die sich für die Pflege und medizinischen Versorgung von beschlagnahmten Exemplaren, der Erweiterung von Auffangstationen und Suche nach geeigneten Gebieten für die Auswilderung einsetzt. In Madagaskar arbeitet auch die Turtle Conservancy mit dem Durrell Wildlife Conservation Trust (DWCT) zusammen, um die noch existierenden natürlichen Schildkrötenpopulation zu erfassen und vor dem Aussterben zu schützen. Die Turtle Conservancy engagiert sich in der Aufklärung lokaler Gemeinschaften und in der Tierkennzeichnung, um die illegale Wilderei einzudämmen. Die unmittelbaren Ziele sind, die Wilderei zu stoppen und Tiere aus illegalen Sammlungen zurückzufordern und sie in akkreditierte Zuchtprogramme zu bringen.
FAQ zum Themenbereich Gefährdung
Die Haltung und Zucht von streng geschützen Wildtieren ausserhalb ihres natürlichen Verbreitungsgebietes wird in der Tat zu Recht äusserst kontrovers disskutiert. Mit Sicherheit ist es unbestritten, dass sich Tiere immer im natürlichen Lebensraum am wohlsten fühlen und auch die besten Chancen auf Vermehrung und Fortbestand haben. Was aber, wenn der natürliche Lebensraum immer weniger bzw. bald nicht mehr existent ist und die Art aufgrund verschiedener Umstände und Faktoren weiterhin unaufhaltsam dezimiert wird? Was, wenn die Zerstörung der Biotope bereits so weit fortgeschritten ist, so dass die Tiere ohne die Hilfe des Menschen nicht mehr überleben können? Reichen die letzten, verblieben Trockenwälder in Naturschutzreservaten tatsächlich aus um eine genetische Vielefalt zu erhalten und somit das Überleben einer Art auch in Zukunft zu garantieren? Gibt es zur Arterhaltung tatsächlich keine Alternativen als überfüllte, madagassische Auffang- oder Zuchtstationen, mit mangelden Recourcen und ohne Aussicht auf eine sichere Auswilderung?
Es ist wahrlich ein Dilemma, denn ohne vollumfänglichen Schutz, den Erhalt und die Erweiterung der natürlichen Lebensräume auf Madagaskar wird Astrochelys radiata immer eine Wackelkandidatin auf der Artenschutzliste bleiben! Auch internationale Konventionen und restrektive Verbote, die den Handel und die Nutzung der Tiere regulieren, können das Aussterben dieser Art nicht verhindern solange die natürlichen Habitate auch in Zukunft intakt und existent bleiben. Tatsache ist, dass ohne das rechtzeitige Eingreifen, den sofortigen Schutz, sowie gezielte Nachzuchtprogramme in den vergangenen Jahren auch die Madagassische Strahlenschildkröte bereits von diesem Planeten verschwunden wäre. Vermutlich ist die einzige Legitimation für die Haltung und Zucht von Astrochelys radiata ausserhalb von Madagaskar, dass dadurch die schwindenden, natürlichen Bestände vor Ort geschont werden und dass mit jeder legalen Nachzucht eine Entnahme aus der Natur überflüssig wird und somit ganz nebenbei auch der weltweite Tierschmuggel etwas mehr zum Erliegen kommt. Sollten lokale Strahlenschildkrötenpopulationen schneller als erwartet aussterben und madagassische Zuchtstationen längere Zeit aus tierseuchentechnischen Gründen unter Quarantäne stehen, könnte sich die Schaffung und Erhaltung von unterschiedlichen, genetischen Strahlenschildkrötenpools ausserhalb von Madagaskar plötzlich als äusserst nützlich erweisen.
Tatsächlich haben sich in den letzen Jahren auch unsere Prioritäten und Sichtweisen in Bezug auf die Haltung und Zucht von madagassischen Strahlenschildkröten stark gewandelt. Der anfängliche ambitionierte Fokus auf gezielte Nachzuchtprogramme liegt heute vermehrt auf einer artgerechten und naturnahen Haltung dieser wunderschönen Tiere. Heute nutzen wir unsere gesammelten Erfahrungen mit Astrochelys radiata hauptsächlich für das Vermitteln und den Austausch von Wissen. In dem Sinne steht auch diese Homepage als Informationsplattform allen Interessent*Innen zur freien Verfügung. Zugegeben sehen wir heute aus einer moralischen und tierethischen Sicht auch unsere Strahlenschildkrötenhaltung in der Zentralschweiz vermehrt kritisch an. Ist es tatsächlich sinnvoll unter grossem, energietechnischen Aufwand eine streng geschützte Species zu halten, die so gar nicht in unsere Breitengrade gehört? Hätten wir die Gewissheit, dass von heute an alle Strahlenschildkröten auf Madagaskar in Sicherheit wären, würden auch wir nach Mitteln und Wegen suchen um unsere Zuchtgruppe wieder in ihre ursprüngliche Heimat zu überführen.